Bergzeit daheim. 40 Meter, 16 Haken

Der letzte Überhang der Route bergzeitdaheim | Foto: Markus Stadler
Der letzte Überhang der Route bergzeitdaheim | Foto: Markus Stadler

Es ist Mai, der Corona Lockdown ist mehr oder weniger vorbei. So richtig hat man die Scheu vor den anderen Hausständen noch nicht abgelegt. Ich bin zum ersten Mal in diesem Jahr wieder an der Krettenburg im Spitzingseegebiet und darf die wunderbare Route Pilastro versuchen (gutes Auge, Tom & Nils!).

Kletterer vor Bergkulisse am Spitzingsee
Mit dem Blick in diesen Plattenpanzer begann die Idee zur Route #bergzeitdaheim. „Da muss doch etwas durchgehen …“ | Foto: Markus Stadler

Rechts davon zieht sich ein etwa fünfzehn Meter langer grauer Plattenpanzer nach oben, danach folgt ein recht glatt wirkender Überhang über einem Band. Und irgendwie ist klar: Das muss auch gut sein.

Es wird ernst: das Einbohren

Eine Woche später hänge ich mit Grigri, Bohrmaschine, Steigklemme und allem was man sonst noch braucht im Seil in genau diesem Panzer. Bergzeit hat als Mitarbeiter-Schmankerl die Haken spendiert. Nahezu perfekt reihen sich Löcher aneinander. Nur unten gibt es eine Stelle von zwei Metern, die auffällig glatt ist. Die ersten zehn Meter sehen etwas splittrig aus. Und auch hier gibt es eine Stelle, die unüberwindbar glatt wirkt. Naja, wird schon gehen. Haken rein. Eigentlich fertig.

Aber vielleicht geht das ja doch bis ganz oben. Und da, wo die Servus Stefan nach rechts umgeht direkt? Und so trete ich kurz danach noch einmal an und finde auch da ein paar Griffchen und eine wunderbare Leiste. Jetzt ist klar: Das wird gehen. 40 Meter, gerade durch die kompakte Wand.

Der erste Versuch ist ein Dämpfer. Eigentlich sind das drei Routen nacheinander. Die Einzelstellen fühlen sich schwer an und mir fehlt die Motivation, da voll einzusteigen. Stattdessen bohre ich rechts in der etwas steileren Wand noch eine Route. Aber die wird eine eigene Geschichte.

Der lange Weg zum Durchstieg – naja: 40 Meter halt…

Dann ist Sommer und es ist klar, dass es dort zu heiß ist für ernsthafte Versuche. Es wird Herbst, die Corona Fallzahlen steigen wieder. Bald wird wieder Lockdown Light sein, aber das weiß ich noch nicht, als ich mit Markus den Weg zur Firstalm hinauflaufe. Eigentlich fühle ich mich schwach. Es läuft gerade gar nicht beim Klettern. In den Wochen davor war ich vor allem damit beschäftigt, Durchstiege zu versemmeln. Zwei Mal in der Bestie ganz oben gefallen und so weiter. Eigentlich ist fürs Klettern gerade keine Energie da.

Doch die Einzelstellen klappen auf Anhieb, als ich die Exen hochhänge. Aber hier wird schon klar. Das wird eine Weltreise. 40 Meter lang. Eben drei Routen nacheinander, dazwischen Bänder. Der erste Boulder und die etwas seltsame Passage danach läuft gut. Und auch in der zweiten Platte bin ich überrascht, wie flüssig alles geht. Aber als ich dann in die Platte hinausmantle ist es eher knapp. Danach folgt ja das Finale und als ich den epischen Zug gegen die offene Tür zur Dachkante mache bin ich einfach nur platt.

Aber es hat geklappt. Ich bin durch für den Tag. Der Routenname Bergzeitdaheim stand davor schon fest. Eben weil die Route kurz nach dem ersten Lockdown eingebohrt wurde. Eineinhalb Wochen später verkündet die Ministerpräsidentenkonferenz den Corona Lockdown light. Besser hätte der Routenname wohl nicht passen können.

Der letzte Überhang der Route bergzeitdaheim | Foto: Markus Stadler
Der letzte Überhang der Route bergzeitdaheim | Foto: Markus Stadler

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